Leicht daneben – Wie ein roter Faden zieht sich dieser Satz durch die Geschichte der Gartnernzunft.
Leicht daneben ist schon der Zunftbrief, der als erster seiner Art statt im bisher üblichen Latein in Deutsch abgefasst ist.
Leicht daneben ist aber auch das in dieser Urkunde vermerkte "Stiftungsjahr" 1260. Denn der unterzeichnende Bischof Heinrich von Neuenburg war erst vier Jahre später im Amt... Doch weil der Zunftbrief keine Gründung, sondern nur die Bestätigung einer schon existierenden Vereinigung vermeldet, darf die E. Zunft zu Gartnern auf eine nahezu 800-jährige ununterbrochene Geschichte zurückblicken!
Leicht daneben sind auch die in der Zunft vertretenen Berufe. Denn während in Basel zwischen den Handels- und den Handwerkerzünften unterschieden wird, ist die Gartnerzunft weder das eine noch das andere. Vielmehr vereinten sich in ihr eigentliche Dienstleistungs- und landwirtschaftliche Berufe. Die namengebenden Gärtner (und Gärtnerinnen!) sowie die Obstbauern pflanzten ihre Produkte nicht nur an, sondern verkauften sie auch gleich auf dem Markt, "direkt vom Hof" sozusagen. Dazu gesellten sich der Lebensmittelhandel (früher wohl eher "Tante Emma"-Läden, heute meist Grossverteiler), Transportunternehmungen (Fuhrleute), Kommunikationsspezialisten (Postillone) und seit 2017 alle Berufe der Informatik sowie Gastrounternehmungen (Wirte, Wirtinnen, Köche und Köchinnen). Mit dem Wurstmachen (Bräter), der Herstellung von allerlei Naschwerk (Zuckerbächerei) sowie der Herstellung von berufsspezifischen Werkzeugen (Gabel- und Rechenmacherei) hielten sich die Garten- und Obstbaufamilien in der ertragsarmen Winterszeit über Wasser. Die einzig wirklich handwerklichen Berufe betrafen die Wartung von Fahrzeugen (Karrensalber) und die Herstellung von Seilen (Seiler).
Leicht daneben ist die Gartnernzunft auch mit den berühmten Persönlichkeiten, auf deren Mitgliedschaft sie heute noch mit Stolz verweist: Da wäre einmal der Umstürzler Johannes Husschin, besser bekannt als Oekolampad, der Reformator Basels. Der Bildersturm und somit die Durchsetzung der Reformation hat ihren unmittelbaren Ausgang im Zunfthaus zu Gartnern an der Gerbergasse genommen. Als zweite eher berüchtigte als berühmte Persönlichkeit ist Peter Mengis zu nennen, der letzte Henker von Basel, der nur fünf Jahre nach seiner letzten Hinrichtung auf dem "Kopfabheini" in die Zunft aufgenommen und künftig als "Tierarzt" in den Mitgliederlisten geführt wurde...
Apropos Zunfthaus: Leicht daneben benahm sich die Zunft auch beim zwangsweisen Verkauf ihres geliebten Zunfthauses. Dieses gaben sie nämlich deutlich unter dem amtlichen Schätzwert an die Stadt ab, "weil diese schon genug Auslagen habe". Die heutigen Säckelmeister der Zunft ärgern sich noch heute grün und blau darüber.
Leicht daneben war die E. Zunft zu Gartnern aber auch im Jahr 2008, als sie sich als erst zweite Basler Zunft (nach den Schneidern) für Frauen öffnete. Und bis heute gute Erfahrungen mit diesem Schritt gemacht hat.
Nicht daneben ist aber das Jahresprogramm der Zunft: Neben dem traditionellen jährlichen Zunftessen (das sich alternierend mit einer Zunftfahrt ablöst) gibt die Gartnernzunft auch ein Jahrbuch mit lesenswerten Beiträgen zur Geschichte und Aktualität Basels heraus. Die Zunftangehörigen lernen bei den Zunftstämmen immer wieder unbekannte Ecken ihrer Stadt kennen oder können ihr Wissen beim Zunftreferat mehren. Bei einem gemütlichen Herbstanlass sind auch Familie und Angehörige mit dabei. Daneben engagiert sich die E. Zunft zu Gartnern auch für die Öffentlichkeit z.B. bei den Anlässen im Rahmen von "Basel besser kennen lernen" für Neubürger und Neubürgerinnen. Durch das Pflanzen von Bäumen hilft die Zunft auch mit, unsere Stadt zu verschönern.
Gar nicht daneben ist es, wenn wir Sie bald im Kreis der Gartnernzunft begrüssen dürfen. Ihr Geschlecht, ihre Religion oder ihr Beruf spielt dabei keine Rolle. Sie müssen einzig volljährig sein, das Bürgerrechts der Stadt Basel besitzen und einen guten Leumund haben. Aber Sie wissen ja jetzt: Der Henker ist auch...